i c h b i n d e r l e t z t e m o h i k a n e r jo a c h i m k a i s e r . k r i t i k e r , j a h r g a n g 2 8 ausstellung/programm/texte münchen 2003 auftraggeber: literaturhaus münchen, süddeutsche zeitung
Jahrgang 28. Das Geburtsjahr
ist Chiffre für eine Lücke, die auf den ersten Blick nicht viel zählt.
Und in die auf den zweiten ein schmaler Zeitkorridor passt mit
charakteristischen Chance für die Geburtsjahre zwischen 1926 und 1932.
Zu Beginn des Krieges war J.K. noch keine elf, am Ende keine siebzehn
Jahre. Das bedeutet: kein Schützengraben, kein verordneter Mut zu
kleinem Heldentum am Flakgeschütz, kein Lager von innen, keine
Kriegsblessuren. Die Generation der Väter war 1945 diskreditiert. Und
die der älteren Brüder und Kameraden hatte die Ohren noch voll mit
Sieges- und Durchhalteparolen. Man hatte niemanden vor sich und keine
problematische Publikationsgeschichte hinter sich. Wenn Joachim Kaiser
von „unseren zwanziger Jahren“ spricht, bringt er diese Freiheit auf den
Begriff. Darin steckt verdichtet die zähe Energie eines begierigen
Beginns. Einen geistig schwer erschütterten Kontinent unvoreingenommen
in Augenschein nehmen – so lautete der Auftrag, den sich die
Intellektuellen der Stunde Null erteilten. Für die Kultur sollte gelten:
„Lieber beschimpft und verrissen – als ‚kunstbetrachtet’“.Zum 75. Geburtstag widmen das Literaturhaus
München und die Süddeutsche Zeitung dem Kritiker Joachim Kaiser eine
große Ausstellung.